NEUE MOBILITÄT BERLIN

Freiräume schaffen, Transformation erlebbar machen!


Der öffentliche Raum in Berlin ist zu großen Teilen belegt durch den so genannten ruhenden Verkehr. Das sind parkende Autos, von denen viele über längere Zeiträume ungenutzt den Platz am Straßenrand belegen. In einer Stadt wie Berlin lässt sich oftmals die tägliche Mobilität leicht mit Bus, Bahn, Carsharing, (Leih-) Fahrrad oder Elektroroller bewältigen. Viele Berliner:innen brauchen dafür kein eigenes Auto.

Das Projekt NEUE MOBILITÄT BERLIN (NMB) macht seit bald 10 Jahren auf diese urbane Realität aufmerksam und unterstützt wechselfreudige PKW-Besitzer:innen dabei, die Notwendigkeit ihres Privatwagens zu überprüfen. Unser Leitgedanke dabei: Mit jedem abgeschafften Auto, entsteht Platz für mehr Lebensqualität im Kiez, und diejenigen, die auf ein Auto angewiesen sind, finden wieder leichter einen Parkplatz.

 

Die Vision

Autos, die kaum bewegt werden und nur noch am Straßenrand herumstehen, werden von ihren Eigentümer:innen gegen situativ passende Fortbewegungsarten im Mobilitätsmix ausgetauscht. Der damit freiwerdende Parkplatz bietet Raum für neue Ansätze zur Nutzung des öffentlichen Raums.

Die Praxis

2016 startete die NEUE MOBILITÄT BERLIN auf der Mierendorff-INSEL und im Klausenerplatz-Kiez. Mit über 300 Pkw-Besitzer:innen und einer Befragung zu deren Alltagsmobilität entstand eine fundierte Grundlage zum Erleben vielfältiger Mobilitätsangebote, für gemeinsame Aktionen zur Schaffung von Freiräumen und der bedarfsgerechten Umgestaltung des Straßenraums.

Die Orte

Ob Verkehrsberuhigung mit Lieferzonen oder Spielstraße mit Generationentreffpunkt – die Straße kann mehr sein als Fahrweg und Parkplatz. Das erste Parklet Berlins  stand auf zwei Pkw-Stellplätzen vor dem Büro von Projektpartner INSEL-PROJEKT.BERLIN (IPB), die ersten temporären Carsharing-Parkplätze Berlins direkt vor der Tür und mitten im Kiez.

Die Menschen

Viele Berliner:innen haben kein eigenes Auto. Zusätzlich fährt ein Drittel der Autobesitzer:innen nur selten mit dem PKW und wenn, nicht gerne. Wir nennen sie die „autounabhängigen Pragmatiker“. Sie bestreiten ihre täglichen Wege mit Fahrrad oder ÖV und sind daher potenziell empfänglich dafür, komplett umzusteigen. Für den Fall, dass doch einmal ein Auto benötigt wird, gäbe es mittlerweile genügend alltagstaugliche Alternativen.


MISSION: VIELFÄLTIGE MOBILITÄT & MEHR LEBENSQUALITÄT IM KIEZ

ERFASSEN & VERSTEHEN

Das vom Institut für Verkehrswesen am Karlsruher Institut für Technologie im Auftrag der BMW GROUP entwickelte Erhebungsinstrument “Mobilitätsskelett” unterstützte das Projekt NEUE MOBILITÄT BERLIN sehr dabei, nicht nur das alltäglichen Mobilitätsverhalten der Kieznachbar:innen bei Arbeit, Einkaufen, Freizeit etc. zu erfassen. Auch die für den PKW-Besitz in der Stadt häufig entscheidende Gelegenheitsmobilität am Wochenende wurde betrachtet.

Psychologische Einflussfaktoren, wie z. B. die Einstellungen zu verschiedenen Verkehrsmitteln, halfen, das individuelle Mobilitätsverhalten und den Kfz-Besitz besser zu erklären als bisher möglich.

Bedeutendste Erkenntnis: Die Gruppe „Autounabhängige Pragmatiker bildet mehr als ein Drittel der befragten Pkw-Besitzer:innen. Sie bestreitet ihre täglichen Wege mit Fahrrad oder ÖV und ist daher potenziell empfänglich dafür, komplett umzusteigen. Für den Fall, dass doch einmal ein Auto benötigt wird, gäbe es mittlerweile genügend alltagstaugliche Alternativen. Diese Zielgruppe bildet daher ein sehr großes Potenzial für eine Entlastung des öffentlichen Raums und Freiräume für Stadtentwicklung – nicht nur in den Pilotquartieren, sondern in ganz Berlin!

 



ÜBERTRAGEN & UMSETZEN

Das Potenzial potenzieller Autoabschaffer ist also groß. Daher haben wir Angebote, die den PKW-Halter:innen die Ablösung vom eigenen Fahrzeug vereinfachen kann. In Fokusgruppen erarbeiteten wir gemeinsam mit Nachbar:innen alternative Nutzungen der Straße. 2016 und 2017 wurden diese Ansätze mit Aktionswochen/-tagen für vielfältige multimodale Mobilität sowie Parklets und anderen Sitzgelegenheiten auf der Straße umgesetzt.

Unterhaltungsveranstaltungen wie Lesebühnen und Auftritte von Singer-Songwriter:innen gaben dem Aufenthalt auf Asphaltflächen, die gewohnterweise den

parkenden Autos vorbehalten sind, ein wohltuendes und motivierendes Gefühl von Normalität. Die zu erwartenden Konflikte mit Autobesitzer:innen, die den öffentlichen Raum ausschließlich als Parkraum für Pkw verstehen, wurden in mehreren Veranstaltungen konstruktiv bearbeitet. Viele, die zunächst als starke Kritiker:innen des Projekts NMB auftraten, haben im Laufe des Projektes verstanden, dass auch sie durch geringeren Parkdruck in ihrer Nachbarschaft profitieren.

Den wichtigsten Beitrag dafür leistete die über fünf Jahre durchgeführte Kampagne „DEINE FLOTTE“.


AKTIONEN VON NEUE MOBILITÄT BERLIN

Die Mitmachaktion DEINE FLOTTE hat mehr als vier Jahre viele Pkw-Besitzer:innen die Möglichkeit geboten, auszuprobieren, wie ihr Alltag ohne eigenes Auto funktionieren kann und welche Mobilitätsangebote besonders gut zu ihnen passen. In dieser Zeit bestritten sie einen Monat lang ihre Mobilität mit einem umfangreichen Gutschein- und Freiminuten-Angebot der in Berlin aktiven Sharing Mobility-Unternehmen. Interessante Erfahrungen & Abenteuer waren garantiert!

2018

Für einen Monat konnten Bewohner:innen von Mierendorff-INSEL und Klausenerplatz-Kiez erstmalig ihre Alltagsmobilität ohne eigenes Auto testen. Mit Gutscheinen von 11 Mobilitätsanbietern für Car-, Ride-, Scooter- und Bike-Sharing sowie den öffentlichen Verkehrsmitteln.

2019

Über 50 Autobesitzer:innen aus Charlottenburg-Wilmersdorf sind im Mobilitätsmonat mit Gutscheinen von 20 Sharing Mobility-Anbietern unterwegs gewesen. Vorher und nachher haben wir sie zu ihrer Fortbewegung und der Nutzbarkeit der multimodalen Mobilität im Bezirk befragt.

2020

Mit dem „Rückenwind“ vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) konnten wir die DEINE FLOTTE-Kampagne auf das gesamte Sendegebiet von radioeins ausweiten. Auch wenn es dort kaum Sharing Mobility-Angebot gab, waren PKW-Besitzer:innen aus dem Berliner Umland und Potsdam dabei!

2021/2022

Unterstützt mit Fördermitteln des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) kehrte DEINE FLOTTE an ihren Ursprungsort zurück. Trotz Coronazeit fanden sich 30 Teilnehmer:innen, die bei der Aktion zur Überprüfung des eigenen Mobilitätsverhaltens mitmachten. Einige schafften danach ihr Auto ab.


DAS HABEN WIR SCHON GELERNT – EIN ZWISCHENFAZIT

Viele der PKW-Besitzer:innen aus der Gruppe „Autounabhängige Pragmatiker” halten am eigenen Auto fest, um damit Sonderfälle neben der Alltagsmobilität abzusichern. Erlebnisse wie DEINE FLOTTE machen ihnen bewusst, dass auch Familienbesuche am Wochenende, Freizeitfahrten ins Berliner Umland und sogar der Urlaub bequem mit Carsharing & Co bewältigt werden können.

Die durch abgeschaffte Autos freiwerdenden Parkplatzflächen sind essenziell für die dringend notwendige Neugestaltung der Kieze. Der in Berlin mittlerweile nachweisbare Rückgang des PKW-Besitzes pro Haushalt verschafft der Kommune die Argumentationsbasis für eine vielfältigere Nutzung des öffentlichen Straßenlandes.

Vor der Steigerung der Aufenthaltsqualität auf der Straße sehen viele Menschen eine verbesserte Verkehrssicherheit in ihrer Nachbarschaft als dringlichere Herausforderung. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf erfüllt diesen Wunsch, indem er in vielen Kiezen Verkehrsberuhigungen umsetzt und so die Rahmenbedingungen für eine sichere Fortbewegung aller Bevölkerungsgruppen im Straßenverkehr gewährleistet.

Damit wurde ein Ansatz geschaffen, die vorhandenen Nutzungskonflikte im Straßenland stark zu verringern sowie die Lebens- und Mobilitätsqualität für alle Menschen zu verbessern.


DIE PARTNER – STARKE GEMEINSCHAFT SCHAFFT VERÄNDERUNG

Die NMB versteht sich als offene Plattform und Wirkungsbeschleuniger für alle Mobilitätstreiber! Um die Vision des Projektes gemeinsam mit Interessierten lokalen und überregionalen Partnern zu realisieren, hat sich ein transdisziplinäres Konsortium aus Kommune, Wirtschaft, Wirtschaftsförderung und Wissenschaft gebildet. Dieser Ansatz von nachhaltiger städtischer Mobilität kann aus Sicht der Akteure einen guten Beitrag zur Unterstützung der Berliner Energie- und Klimaschutzziele beisteuern.

FOLGEPROJEKTE, EINFLÜSSE & NETZWERKE

Das Team von NEUE MOBILITÄT BERLIN ist seit 2016 für vielfältige Mobilität und mehr Lebensqualität in der Stadt aktiv. In dieser Zeit hat sich die Idee von Nachbarschaften mit mehr Freiraum für alternative Straßennutzungen immer weiterverbreitet und andere urbane Pioniere mit gleichem oder ähnlichen Fokus inspiriert.

Unter anderem wurden Projekte in München wie “Umparken Schwabing” (https://www.umparken-schwabing.de/) und “Bestandsquartier der Zukunft”(https://www.mzm-allianz.net/projekte/bestandsquartier-der-zukunft-dreimuehlenviertel/) unmittelbar von NEUE MOBILITÄT BERLIN inspiriert. Das im Rahmen von NMB entwickelte Mobilitätsskelett ist in vielen weiteren Städten zur Anwendung gekommen. Eine Übersicht zu den Studien und zahlreiche Publikationen finden sich hier: https://mobilitaetsskelett.ifv.kit.edu/index.php.

In Deutschland und weltweit durch eigene Initiative sowie in enger Zusammenarbeit mit den Städten vorangetriebene Entwicklungsprojekte bieten Nachahmer:innen gerne ihre ideelle Unterstützung an. Melden Sie sich bei uns, wenn wir Ihnen helfen können!

Gerne können wir auch Ihr Projekt in unsere Karte aufnehmen!